In einer Studie wurden 295 Physiotherapeuten/innen neun unterschiedliche Bilder von 17 Personen mit unterschiedlicher Sitzposition gezeigt. Die Therapeuten sollten auswählen, welches die perfekte Haltung darstellt. Dabei stellte sich heraus, dass 85% der Therapeuten eines von zwei Bildern auswählen.
Die Auswahl variierte sogar zwischen unterschiedlichen Ländern. Die Autoren schliessen daraus, dass es keine einheitliche Übereinstimmung bzgl. der perfekten Haltung gibt. (O’Sullivan et al., 2012)
Ledermann trug im Jahre 2010 wissenschaftliche Ergebnisse, welche einen Zusammenhang zwischen Schmerzen und Körperhaltung untersuchten zusammen. Sein Fazit:
«Die Studien zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen arbeitsbezogener Körperhaltung und Schmerzen im unteren Rückenbereich fehlt. Diese Körperhaltungen umfassen z.B. langes Stehen, Beugen, Drehen, ungünstige Körperhaltungen, (kniende oder hockende) Sitzhaltung am Arbeitsplatz, bei längerer Arbeit und in der Freizeit»
Lederman, 2010: grossen Zusammenfassung der wissenschaftlichen Ergebnisse
Auch Christensen und Hartvigsen (2008) kamen in ihrer Meta-Analyse zu dem Schluss, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Aufrichtung der Wirbelsäule und Schmerzen im Bereich des Rückens gibt.
In einer weiteren Studie wurde bei schmerzfreien Probanden die Haltung der Halswirbelsäule genauer untersucht. Dabei fand man einen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Haltungsveränderung. Es gibt demnach eine natürliche alterungsspezifische Veränderung der Haltung, welche absolut nicht pathologisch ist. (Chen et al. 2017)
Haltungsveränderungen sind auch altersabhängig.
Ob Haltung die Schmerzen beeinflussen kann, ist wiederum eine andere Frage. Sollte man schon Rückenschmerzen haben, gibt es unterschiedliche Studien, die zeigen, dass Aktivität und somit auch kürzeres Sitzen allgemein zu einer Schmerzreduktion führen kann. Dabei ist aber festzuhalten, dass Sitzen alleine nicht der Grund für die Schmerzen ist. (Lis et al., 2007)
Wenn Sie sich erinnern, dann haben auch Sie sicherlich schon die meisten Haltungen im Leben eingenommen. Und diese Haltungen waren nicht immer automatisch gleich schmerzhaft. Es kann zwar sein, dass Sie aktuell eine Haltung einnehmen und Schmerzen empfinden. Der alleinige Grund für Ihre Schmerzen wird dies jedoch nicht sein.
Was passiert jedoch, wenn Sie eine einzige Haltung einnehmen und diese für 12 Stunden beibehalten? Sicherlich werden sie auch dann irgendwelche Beschwerden bekommen. Das lässt uns daraus schliessen, dass eine Haltung, welche zu lange eingenommen wird, nicht gerade förderlich ist. Dabei verringert sich der Blutfluss in unterschiedlichen Bereichen/Geweben, wodurch eine Veränderung des pH-Wert entsteht. Dies wird von Sensoren gemessen, welche einen elektrischen Impuls in das Gehirn weiterleiten. Dadurch interpretiert das Gehirn eventuell eine potentielle Schädigung des Gewebes und verursacht ein unangenehmes Gefühl, was uns zum Bewegen bringen soll.
Deshalb gilt für uns: Die nächste Haltung ist die beste Haltung!
Wechseln Sie also Ihre Haltung ab, aber machen Sie sich nicht zu viele Gedanken über die Haltung.