MRI – ist es immer schwarz-weiss?

Das MRI / MRT (Magnetresonanztomographie) ist eine weitverbreitete und viel angewendete Diagnostik bei muskuloskelettalen Schmerzen. Im Vergleich zum Röntgenbild, bei dem mit Röntgenstrahlen hauptsächlich der Knochen abgebildet wird, wird beim MRI mittels Magnetresonanz ein Bild erzeugt, bei dem Weichteile (Sehnen, Muskel, Bänder) sowie Flüssigkeitseinlagerung und Knochen zu sehen sind.

Im orthopädischen Bereich wird mit einem MRI nach körperlichen Strukturen gesucht, welche eine Beschädigung aufweisen.
In den letzten Jahren hat man jedoch immer mehr erkannt, dass es oft zu voreiligen Befunden und Fehlinterpretationen kommen kann. Teilweise haben diese bildgebenden Verfahren keinen Vorteil – manchmal kann sogar ein Nachteil für den Kunden entstehen. 

Durch neuere Studien, bei denen auch gesunde bzw. symptomlose Menschen untersucht wurden, zeigten sich viele Befunde als normaler Alterungsprozess. So wissen wir, dass 88% der 60-Jährigen eine Bandscheibendegeneration vorweisen, 70% gar eine Bandscheibenvorwölbung. Und auch die junge Bevölkerung ist davon betroffen. 85% der jungen Sportler weisen im MRI ein Wirbelgleiten auf und 37% aller 20-jährigen haben eine Bandscheibendegenration, verspüren allerdings keine Beschwerden.

Dies trifft nicht nur auf den Rücken zu:

  • Ein Drittel der asymptomatischen Patienten (mittleren Alters) zeigen einen Meniskusriss am Knie.
  • Ab 40 Jahren zeigen beschwerdefreie Pateinten zu 43% Merkmale einer Arthrose in der Bildgebung.
  • Bei 60% der asymptomatischen älteren Erwachsenen ist eine subacromiale Bursitis in der Schulter zu finden.
  • Und auch bei jüngeren schmerzfreien Pateinten zeigt das MRI in 65% Risse oder Tendinosen der Rotatorenmanschette in der Schulter.
  • Lambrumrisse an der Hüfte findet man bei bis zu 69% der asymptomatischen Erwachsenen, bei Sportlern sogar 89%.
  • Und sogar jeder zweite symptomfreie Tänzer weist in der Bildgebung eine Labrumzyste an der Hüfte auf.

Frühzeitige MRI`s können die Genesungszeit verlängern

Und das sind nur einige Beispiele. Aber als sei das noch nicht genug: Frühzeitige MRI`s können die Genesungszeit der Patienten sogar verlängern. Für den Moment nicht relevante Befund können sich negativ auf die Wahrnehmung der Pateinten auswirken und sie verunsichern und verängstigen. Es kommt zu einem Angstvermeidungsverhalten.

Was bedeutet Angst- vermeidungsverhalten?

Viele Rückenschmerzpatienten sind nach einem MRI mit dem Befund wie beispielsweise „Facettengelenksarthrose“ verunsichert und denken, wenn sie sich weiterbewegen und belasten schaden Sie dem Rücken oder machen ihn gar noch mehr „kaputt“. Wüssten Sie jedoch, dass viele andere Pateinten den gleichen Befund im MRI haben und schmerzfrei sind, wäre das möglicherweise anders.

In Anbetracht dessen, dass man heute weiss, dass 85% der Rückenschmerzen sogenannte komplexe Rückenschmerzen sind, für die man keine klare medizinische Ursache findet, muss man überdenken, ob es sinnvoll und vor allem notwendig ist in jedem Fall ein MRI zu machen. Selbst wenn Beschwerden da sind, muss deshalb vielmals nicht als Erstabklärung ein MRI gemacht werden. Sicherlich gibt es einige Ausnahmen wie beispielsweise nach einem Unfall oder wenn bei einem Patienten bestimmte Warnzeichen vorliegen (z.B. längere Taubheit, Muskelschwäche/ Lähmungen, Verdacht auf Entzündungen/Frakturen/ maligne Prozesse).

Mittels einer Studie aus dem Jahre 2020 hat man zudem festgestellt, dass zwischen den Beurteilenden eines MRI`s eine grosse Variabilität besteht. Die Übereinstimmung zwischen Radiologen und Fachärzten liegen beim MRT der Schulter beispielsweise nur bei 44 %.

Die Relevanz von MRI Berichten sollte also immer individuell mit dem jeweiligen Patienten und dessen Beschwerden angeschaut und besprochen werden.

Es ist sehr gut möglich, dass Ihr MRI einen Befund zeigt, der vielleicht erschreckend klingt, jedoch zum ganz normalen Alterungsprozess dazugehört. So wie wir mit den Jahren Falten oder graue Haare bekommen.

Quick Info MRi

Bei der Magnetresonanz-tomographie werden die Bilder mittels eines starken Magnetfeldes erzeugt. Dabei geraten Wasserstoffprotonen im Magnet in Schwingung und werden über einen Frequenzimpuls angeregt und ausgerichtet. Es wird Energie aufgenommen, welche in der Folge ebenfalls wieder als Frequenzsignal abgegeben wird.

Anschliessend wird das Signal in einem komplizierten Rechenschritt in ein Bild umgerechnet.
Das MRI wird hauptsächlich in der Orthopädie zur Darstellung von Gelenken und Weichteilen verwendet. Eine MRT-Untersuchung dauert meistens zwischen 20 und 40 Minuten.

Literatuverzeichnis

Sajid, Imran Mohammed, Anand Parkunan, und Kathleen Frost. „Unintended Consequences: Quantifying the Benefits, Iatrogenic Harms and Downstream Cascade Costs of Musculoskeletal MRI in UK Primary Care“. BMJ Open Quality10, Nr. 3 (Juli 2021): e001287. https://doi.org/10.1136/bmjoq-2020-001287.

Herzog, Richard, Daniel R. Elgort, Adam E. Flanders, und Peter J. Moley. „Variability in Diagnostic Error Rates of 10 MRI Centers Performing Lumbar Spine MRI Examinations on the Same Patient within a 3-Week Period“. The Spine Journal 17, Nr. 4 (April 2017): 554–61. https://doi.org/10.1016/j.spinee.2016.11.009.

Radiologische Diagnostik der Knochen und Gelenke. Bohndorf K, Imhof H, Wörtler K, Hrsg. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2013. http://doi:10.1055/b-004-133319.